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Romanische Portale und Kapitelle in Nordspanien
Das Kloster Santo Domingo de Silos

Eingang zum Kreuzgang

Santo Domingo
Das Kloster gehört mit zu den berühmtesten und kunsthistorisch interessantesten Klosteranlagen in Nordspanien. Der heilige Domingo wirkte hier 32 Jahre lang (von 1041 bis 1073) als Abt. Domingo wurde bereits zu seinen Lebzeiten hochverehrt, nach seiner offiziellen Heiligsprechung nahm das Kloster seinen Namen an. Der romanische Kreuzgang ist Dreh- und Angelpunkt der Klosteranlage, um ihn gruppier(t)en sich die wesentlichen Gebäude: Im Norden die Kirche, im Osten der Kapitelsaal und das Scriptorium, im Westen das Hospiz und im Süden Küche, Refektorium und Schlafsaal. Im 18. Jahrhundert wurde das Kloster um einen zweiten klassizistischen Kreuzgang und zusätzliche Gebäude erweitert, die Kirche umgebaut.

romanischer Kreuzgang
Das Kloster war ob des Wirkens des Heiligen Domingo Ziel von Wallfahrten, auch Jakobspilger scheuten den Umweg auf ihrem Pilgerweg nach Santiago nicht. Heutige Besucher schätzen vor allem den stimmungsvollen Kreuzgang, ein idealer Ort, um auf dem Rundgang sich in den Reichtum mittelalterlicher Bildhauerkunst zu vertiefen.

Kreuzgang und Reliefs am Eckpfeiler
Mindestens zwei, wahrscheinlich aber doch mehrere Meister haben ihre künstlerische Handschrift im Kreuzgang hinterlassen. Herausragend sind vor allem die Reliefs an den vier Eckpfeilern des Kreuzgangs und die Kapitelle des Ost- und Nordflügels. Sechs Reliefs (Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Grablegung und Auferstehung, Kreuzabnahme, die Jünger von Emmaus sowie der Zweifel des Hl. Thomas) scheinen einheitlich aus der Hand des ersten Meisters aus der Anfangszeit (erste Hälfte des 12. Jahrhunderts?) zu stammen, die zwei weiteren Reliefs "Mariä Verkündigung und Krönung" sowie die "Wurzel Jesse" offenbaren dagegen eine völlig andere künstlerische Auffassung.
Pfeilerreliefs im Kreuzgang
Die Szenen werden in eine rundbogigen Architektur eingepasst und so erinnern die älteren Reliefs in ihrem Aufbau stark an mittelalterliche Elfenbeinschnitzerei... Bei der Kreuzabnahme konzentriert sich so der Blick des Betrachters unmittelbar auf den Leichnam Christi.
Neben der Kreuzabnahme befindet sich am Nordostpfeiler auch das Relief Grablegung und Auferstehung. Hier werden zwei eigentlich zeitlich getrennte Ereignisse gemeinsam dargestellt.
Der zweifelnde Thomas
Die Szene mit Christus und den Aposteln ist in einen Rahmen gestellt, der von den Figuren vollständig ausgefüllt wird. Die Figuren der Apostel sind trotz ihrer linearen Anordnung seltsam bewegt von dem, was sich ihnen darbietet. Mit großer Geste streckt Christus den Arm theatralisch in die Höhe, damit einer von ihnen, Thomas, seinen Finger in die Wunde legen und nachprüfen kann ...
![]() | Der mittelalterliche Bildhauer ist ein Meister seines Faches: Trotz der Frontalität scheint sich eine Art Wellenbewegung durch die Szene zu ziehen. Dazu trägt auch die Bein- und Fußstellung der Apostel bei. Mehr noch: Üblicherweise werden sonst in der Romanik bei der Darstellung größerer Gruppen von den hinten Stehenden nur die Köpfe gezeigt - hier sind die Oberkörper der Apostel und ihre Hände, von der mittleren Reihe sogar die Füße zwischen den Figuren zu erkennen. Der Rahmen wird gesprengt: Die Hand Christi weist über die Begrenzung hinaus. |
Am gleichen Pfeiler befindet sich auch das Emmaus-Relief: Es zeigt Christus als Pilger (mit Jakobsbmuschel!), der den Jüngern in Emmaus begegnet. Die Figur des Christus wird in der Drehung dargestellt, mit dem kurzen Innehalten und Zurückwenden im Vorwärtsschreiten schuf der Meister hier eine bewegte Komposition.
Die Reliefs Christi Himmelfahrt und die Ausschüttung des Heiligen Geistes zu Pfingsten am Südostpfeiler sind kompositorisch ähnlich aufgebaut. Die überwiegende Fläche nehmen die Gestalten der Jünger und die Jungfrau Maria ein. Auffallend dabei: Maria empfängt den Heiligen Geist als erste - sie steht herausgehoben am nächsten. Bei der Himmelfahrt entschwindet Christus mit einer Wolke, deren Linienmuster die Aufwärtsbewegung verdeutlicht. Das entsprechend umgekehrte Linienmuster im Pfingstrelief symbolisiert das Herabfließen des Heiligen Geistes.
Kapitelle im Kreuzgang
Die Kapitelle im unteren Kreuzgang zeigen höchst unterschiedliche Motive. Szenen aus der Kindheit und dem Leben Jesu sind zu finden, aber auch viele dekorative Darstellungen sind vorhanden. Dazu kommen seltsame Tiere und Fabelwesen, Löwen und andere Tiere im Kampf, Vögel, Harpiyen, Flecht- und Rankenwerk. Manches wirkt bei genauem Hinsehen bis heute bedrohlich ...
Nach all den bildhauerischen Arbeiten im Kreuzgang kann man die Augen mit dem Grün des Innenhofes entspannen und sich an der berühmten Zypresse erfreuen. Die Zypresse wurde 1882 gepflanzt und hat inzwischen eine Höhe von 25 Metern erreicht.

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