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Romanische Portale in Nordspanien entlang des Jakobsweges
Die Puerta de las Platerías - Das Südportal im Querhaus der Kathedrale von Santiago de Compostela
Santiago de Compostela
Fassade des Südquerhauses
Die Kathedrale von Santiago de Compostela mit - der Legende nach - dem Grab des Apostels Jakobus gehört seit dem Mittelalter zu den wichtigsten christlichen Pilgerzielen. Die großartige, im romanischen Stil erbaute Kirche wurde in der Barockzeit umbaut und mehrfach verändert, doch haben sich wesentliche romanische Elemente erhalten. So ist von der Portalfassade am Südquerhaus - der Puerta de las Platerias - die romanische Struktur (vor 1120) im Wesentlichen überkommen.
Zwar nimmt man bereits seit langem an, dass hier auch Figuren von anderen Stellen der Kathedrale (z. B. vom Nordportal) mit verbaut bzw. später hinzugefügt sind, so dass die Deutung im Ganzen dadurch erschwert wird, doch scheint die Botschaft des Portals sich allgemein auf Christus - Erlöser und Licht der Welt - zu beziehen. Der segnende "Salvator mundi" bildet denn auch das Zentrum der Portalgestaltung. Ernst und feierlich trohnt Christus in der Mitte, hier haben die Pilger ihr Ziel erreicht.
Jakobus, Christus
Abraham
Moses ?
Die Gestalten zu seinen Füßen werden als Abraham und darunter als Moses gedeutet. Abraham, der Stammvater, erfreute sich ja bekanntlich einer großen Nachkommenschar und Moses zog mit seinem Volk und den Gesetzestafeln 40 Jahre durch die Wüste ... Die Gestalt des Moses wird hier mit "Strahlen-Hörnern" dargestellt, eine seltsame Darstellung, die sich aber leicht durch einen Übersetzungsfehler erklären lässt: In der hebräischen Schrift werden Wörter ohne Vokale dargestellt, so dass bei falscher Aussprache Verwechslungen vorkommen können. Und so wurde wohl bei der Übersetzung aus dem "strahlenden" Moses nach dem Zusammentreffen mit Gott Jahwe ein "gehörnter" Moses, der vom Berge Sinai herabstieg ...
In den beiden Tympana werden verschiedene Szenen aus dem Leben Christi thematisiert:
Im rechten Tympanon kann man in der oberen Hälfte de Gottesmutter Maria mit dem Kind erkennen, daneben zwei von den anbetenden drei Königen (?) In der unteren Hälfte des Tympanons heilt Christus links einen Blinden, bevor er mit dem verräterischen Judaskuss selbst gefangengenommen wird (Tafel rechts). Die mittleren Steintafeln stellen das Martyrium dar: die Dornenkrone wird aufgesetzt, Christus wird an die Geißelsäule gebunden und zum Schluss ist das Kreuz aufgerichtet.
Das linke Tympanon zeigt wie Dämonen Christus versuchen: einer von ihnen fordert Christus auf, zwei Steine in Brot zu verwandeln, ein anderer verspricht ihm die Herrschaft der Welt. Und drei extrem hässliche Dämonen tanzen wild dazu. Doch Christus widersteht. Ihn umgeben schließlich auch zwei weihrauchschwenkende Engel - da kann ja nichts passieren ...
Tympanon links: Versuchung Christi
Grusliger ist dagegen die Szene rechts im Tympanon: Der auf einem Klappstuhl sitzenden Frau mit strähnigem Haar liegt ein Totenkopf im Schoß! Und was schreibt der Codex Calixtinus, der mittelalterliche Pilgerführer, zu dem schrecklichen Bild? "Es darf nicht in Vergessenheit geraten, dass eine Frau neben der Versuchung des Herrn steht; sie hält in ihren Händen das stinkende Haupt ihres Versuchers, das von ihrem eigenen Ehemann abgeschlagen wurde; zweimal am Tag küsst sie jenes Haupt, von ihrem Mann dazu gezwungen. Oh welch ungeheure und bewundernswerte Gerechtigkeit für die ehebrecherische Frau; man sollte sie allen erzählen!" (1)
Huh - bloß gut, dass wir nicht mehr im Mittelalter leben ... Da lassen sich doch heute die Figuren wesentlich entspannter betrachten: In den Bogenzwickeln blasen Engel die Posaunen, in der oberen Reihe steht Christus im Zentrum, links (vom Betrachter) neben ihm Jakobus und die weiteren Figuren stellen wahrscheinlich ebenfalls Apostel, Engel und andere dar. Aber auch ein Kentaur und eine Meerjungfrau sind erkennbar.
Doch das ist längst nicht alles. Adam und Eva kann man am Portal entdecken, Isaak soll geopfert werden und König David sitzt mit überkreuzten Beinen an seiner Säule und spielt auf der Fidel. Ranken und Blattwerk sowie Tierdarstellungen kommen ebenfalls vor. Die Bauskulptur des Portals ist Gegenstand intensiver baugeschichtlicher und kunsthistorischer Untersuchungen. Unter anderem widmet sich das Adolph-Goldschmidt-Zentrum (http://www.goldschmidt-zentrum.de/visualisierung.html) der Erforschung und Dokumentation des Bestandes. Hier werden im Rahmen eines Projektes zur Visualisierung romanischer Bauskulptur in ihrem Kontext alle Details zum Portal dargestellt. Die Startseite für die Visualisierung des Platerias-Portal finden Sie hier: »http://www.goldschmidt-zentrum.de/HyperSculpture/content/V6178.html
Abschließend soll noch einmal der mittelalterliche Pilgerführer zitiert werden, in dem das Portal wie folgt beschrieben wird:
(1) zitiert nach: =>http://www.goldschmidt-zentrum.de/HyperSculpture/content/T24431.html
Deutsche Übersetzung nach: Klaus Herbers, Der Jakobsweg: ein mittelalterlicher Pilgerführer unterwegs nach Santiago de Compostela, Tübingen 1998, S. 167-169.
Deutsche Übersetzung nach: Klaus Herbers, Der Jakobsweg: ein mittelalterlicher Pilgerführer unterwegs nach Santiago de Compostela, Tübingen 1998, S. 167-169.
Das romanische Portal zur Capilla de la Corticela in der Kathedrale von Santiago de Compostela
Portal zur Capilla de la Corticela
Infotafel in der Kathedrale
Eingebaut in den Winkel zwischen Chor und Nordquerhaus der Kathedrale von Santiago de Compostela befindet sich die kleine Kirche "Santa Maria la Antigua de la Corticela". Dabei handelt es sich um den ältesten Teil der Kathedrale, der, wie man der Infotafel entnehmen kann, auf das 9. Jahrhundert zurückgeht. Man gelangt durch einen schmalen Korridor und einige Treppenstufen dorthin. Das romanische Portal zeigt im Tympanon an zentraler Stelle die thronende Maria mit ihrem Sohn. Rechts (vom Betrachter) stützt sich Joseph auf seinen Stab, von links nähern sich die heiligen drei Könige. Sie sind offenbar gerade angekommen und eben vom Pferd gestiegen, denn ganz links stehen noch zwei ihrer Pferde...
zu: Die Kathedrale - Teil 2, Kapitelle
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