Hintergrundfarbe:
Romanische Portale und Kapitelle in Süditalien (Basilikata)
Die unvollendete Kirche in Venosa
Denkmal für Horaz
Kastell in Venosa
Zu Zeiten des alten Roms soll Venusia 20000 Einwohner gezählt haben, die Via Appia lief hier vorbei. Der Dichter Horaz ("Carpe diem - Nutze den Tag!") erblickte in Venusia das Licht der Welt. Reste der römischen Siedlung können heute in der Ausgrabungsstätte und nach einer Kaffeepause vor dem Kastell auch Horaz' Denkmal in der Innenstadt besichtigt werden. So lässt sich das "Angenehme mit dem Nützlichen verbinden" (ebenfalls Horaz).
Archäologische Ausgrabungsstätte, im Hintergrund die Abteikirche SS. Trinita |
Die alte Kirche
Bei dem archäologischen Park befindet sich auch die Abteikirche SS. Trinita. Sie stellt eine ganz besondere Sehenswürdigkeit in Venosa dar. Die normannischen Herrscher aus dem Hause Hauteville, die in kurzer Zeit Süditalien erobert hatten, bestimmten die Benediktinerklosterkirche des 11. Jahrhunderts zu ihrer Grablege. "Um 1030 verließ die normannische Familie der Altavilla (frz. Hauteville) die Normandie, um ihr Glück im südlichen Italien zu versuchen. (...) Auf den ersten Grafen Wilhelm Eisenarm (1046) folgte sein Bruder Drogo (1051), der die Belehnung der Grafschaft Benevento von Kaiser Heinrich III. (1047) erhielt. Später bekamen ein weiterer Bruder, Humfred (1067), und schließlich Robert Guiskard (1010-1085), genannt der Verschlagene oder der Listige, Stiefbruder des Vorherigen, den Grafentitel verliehen." (1)
Grab der Aberada
Noch heute kann man in der alten romanischen Kirche die Grabstelle des Robert Guiskard und seiner Brüder sehen, vor allem aber das Grabmal von Aberada (gest. nach 1111), der ersten Frau Robert Guiskards und Mutter von Bohemund, des berühmten Helden des ersten Kreuzzugs, besichtigen. Auch eine Reihe bemerkenswerter Fresken schmückt den nach der Renovierung geradezu archaisch wirkenden Innenraum.
(1) Die Spuren der Ordensritter in der Basilikata, Broschüre, hrsg. von: Agenzia di Promozione Territoriale Basilicata, 2008
Bei dem Bauwerk sind auch etliche antike Spolien wiederverwendet worden, neben den antiken Säulen kann man verschiedene Inschriften und Relieffragmente entdecken. Ob die beiden Löwen vor dem Eingang zur alten Kirche wohl ebenfalls noch aus römischer Zeit stammen?
Die "Unvollendete"
Grundriss
Im 12. Jahrhundert wurde ein gewaltiger Erweiterungsbau der Kirche nach Osten in Angriff genommen. Doch dieser "Anbau" wurde nie vollendet. Insgesamt wäre die Kirche bei Fertigstellung mit ca. 125 Metern Länge dann wohl eines der eindrucksvollsten Bauwerke der damaligen Zeit geworden. Doch auch so begeistern die grandiosen Ruinen der "Chiesa Incompiuta", der "Unvollendeten", und natürlich die Schätze der alten Kirche ungemein.
Ende des 13. Jahrhunderts geriet der Benediktinerorden in eine allgemeine Krise, viele Benediktinerklöster - auch SS. Trinita - wurden an die Johanniter übertragen. Die Johanniter schließlich restaurierten die Kirche und hinterließen Inschriften und Fresken. Der kleine Glockengiebel an der "Unvollendeten geht ebenfalls auf sie zurück.
Außer den prachtvollen korinthischen (besser: "korinthisierenden") Kapitellen im Langhaus der unvollendeten Kirche kann man im Chorbereich etliche romanische Kapitelle entdecken:
Schaut man genauer hin, dann finden sich an den Wänden auch verschiedene mittelalterliche Ornamente und offenbar bewusst wiederverwendete antike Stücke.
Besonders interessant ist eine "längsrechteckige Platte, aus der vier Büsten mit schemenhaften 'Porträts' herausgearbeitet worden sind. Zweifelslos gehört diese Reliefplatte ursprünglich zum repräsentativen Verschluss eines antiken Grabes, das vermutlich einst an einer der Ausfallstraßen von Venusia (?) stand. Die z. T. erkennbare inscriptio auf dem breiten Rand gibt sparsam Auskunft über die Bestatteten. Die schablonierte Ausarbeitung der Köpfe (Bildnisse der Verstorbenen) und der Gestus ('Hand auf‘s Herz') deuten auf die spätrepublikanische Zeit hin. Demnach wäre die Platte das älteste Denkmal auf dem Areal der Klosterkirche und gleichzeitig Ausdruck von Denkmalpflege im Mittelalter, denn man hat sie nach ihrer Entdeckung als spolium sorgfältig in eine Grundmauer eingefügt, weil man wahrscheinlich an Lucius Cornelius Cinna († 84 v. Chr.) dabei dachte, eine illustre, wenngleich tragische Politiker-Gestalt (Consul 85 v. Chr.) im Rom gegen Ende der Republik. Zeugnisse dieser echt römischen bzw. unverfälschten (d. h. noch frei von Einflüssen der griech. Kunst) Grab-Zeichen findet man in Rom selbst, u. a. in den Sammlungen des Thermen-Museums oder denen des Vatikans.
Die Grabplatte ist jedoch nicht das einzige spolium an der Non-Finito-Kirche." Im Bereich der Apsiden "erkennt man in der Mauer (oberhalb der Kapitelle) zwei antike Architrav-Stücke von einem kleinen röm. Bauwerk, dekoriert mit einem Metopen-Triglyphen-Fries, wobei bei den Metopen Bukranion (von griech. βοῦς → girlandengeschmückter Ochsenschädel bzw. Symbol des Opfertiers) und Patera (→ röm. Opfer-Schüssel) zu alternieren scheinen."
(nach Informationen von Henning Gans, Leipzig, dem ich dafür sehr herzlich danke!)
(nach Informationen von Henning Gans, Leipzig, dem ich dafür sehr herzlich danke!)
zur Kathedrale in Bitonto