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Romanische Portale und Kapitelle in Italien
Portale, Figuren und Reliefs am Dom zu Modena - Teil 1
Plakette in Modena
Dom zu Modena, Westfassade
Was für ein beeindruckendes Bauwerk! Die Kathedrale in Modena gehört mit zu den bedeutendsten romanischen Bauten in Italien - 1997 wurde das Ensemble (Kathedrale, Campanile (Torre Ghirlandina) und Platz (Piazza Grande)) auf die Liste des UNESCO Weltkulturerbes gesetzt.
Der Bau des Domes begann 1099, im Jahr 1184 erfolgte die Weihe, nachdem die Gebeine des heiligen Geminianus bereits 1106 überführt und in der Krypta beigesetzt wurden, wo sie heute noch ruhen. Zwei Namen sind im Zusammenhang mit dem großartigen Bau zu erwähnen: Lanfranco, der lombardische Baumeister, und Wiligelmus, der Bildhauer. Die Meister haben sich kongenial ergänzt.
Der Bau des Domes begann 1099, im Jahr 1184 erfolgte die Weihe, nachdem die Gebeine des heiligen Geminianus bereits 1106 überführt und in der Krypta beigesetzt wurden, wo sie heute noch ruhen. Zwei Namen sind im Zusammenhang mit dem großartigen Bau zu erwähnen: Lanfranco, der lombardische Baumeister, und Wiligelmus, der Bildhauer. Die Meister haben sich kongenial ergänzt.
Die "Porta Maggiora" und die Figurenreliefs des Wiligelmus
Die mit Marmor verkleidete Westfassade ist klar gegliedert: Über der Portalzone befinden sich die Arkaden der Loggia, im Mittelbereich darüber die große Fensterrose.
Wiligelmus wird oft als der erste große italienische Bildhauer angesehen. Die Ausgestaltung der Westfassade des Domes (um 1106-1110), insbesondere das Hauptportal und die seitlich vom Portal angebrachten vier Reliefs, sind sein Werk. Wiligelmus' Name selbst ist durch eine Inschrift überliefert, die von den Figuren der Propheten Henoch und Elias gehalten wird: "Inter scultures quanto sis dignis onore - Claret scultura nunc Wiligelme tua" (sinngemäß etwa: Deinen ehrenvollen Platz unter den Bildhauern zeigen, Wiligelmo, deine Skulpturen.)
Die gegenwärtige Anbringung der Reliefs ist nicht die ursprüngliche: Als im 12. Jahrhundert die beiden Seitenportale hinzugefügt wurden, wurden das erste und vierte Relief versetzt.
Die gegenwärtige Anbringung der Reliefs ist nicht die ursprüngliche: Als im 12. Jahrhundert die beiden Seitenportale hinzugefügt wurden, wurden das erste und vierte Relief versetzt.
In Form erzählender Friese stellen die Reliefs die ersten bildlichen Darstellungen der Schöpfungsgeschichte und des Sündenfalls dar. |
Im Rahmen des belehrenden Portalprogramms mündet die Erzählung über die Arche der Sintflut zu guter Letzt in das Versprechen der Erlösung.
Gottvater...
und die Erschaf-
-fung Adams
Wiligelmus gestaltete seine Figuren kraftvoll und erdenschwer - man sehe sich nur Adams massig daliegenden Körper mit dem rundlichen Bauch bei der Erschaffung Evas an ... Oder in der vorhergehenden Szene: wie Adam sich aus der Erdenschwere erhebt, als Gottvater ihn durch "Handauflegen" beseelt und geradezu hochzieht. Auch den Engeln, die ganz links Gottes Mandorla halten, sieht man die Last der Mandorla an - da schwebt nichts von selbst.
Tod des Kain
Erdenschwere kennzeichnet auch die Darstellung des Brudermords: Kain erschlägt den in sich zusammensackenden Abel mit einer gewaltigen Keule. Die Figuren haben kräftige Hände und Gliedmaßen. Doch der Bildhauer versuchte auch menschliche Emotionen darzustellen: So stehen Adam und Eva nach dem Sündenfall wie zwei ertappte Schulkinder bedröppelt da, und als der blinde Lamech den Brudermörder Kain mit seinem Pfeil in den Hals trifft, meint man, die Qualen des sterbenden Kain zu spüren.
Die Reliefs enden auf der rechten Seite mit der Darstellung der Arche Noah, die auf den Wassern schwimmt und aus deren Fenstern die Überlebenden hinausschauen, um dann froh wieder festen Grund unter den Füßen zu spüren. Es scheint wohl doch noch Hoffnung für die Menschheit zu geben...
Die Reliefs enden auf der rechten Seite mit der Darstellung der Arche Noah, die auf den Wassern schwimmt und aus deren Fenstern die Überlebenden hinausschauen, um dann froh wieder festen Grund unter den Füßen zu spüren. Es scheint wohl doch noch Hoffnung für die Menschheit zu geben...
Kain und Abel opfern Gott - Kain erschlägt Abel - "Wo ist dein Bruder?" |
Lamech tötet Kain - die Arche Noah - gerettet? |
Details am Hauptportal
Löwe am Hauptportal
Auf Wiligelmus geht auch die Gestaltung des Hauptportals mit seinen Pflanzen-, Ranken- und Tiermotiven und der Darstellung der biblischen Propheten zurück. Der Baldachin des Portals wird von zwei Säulen getragen, die auf Löwen ruhen. Wiligelmus ließ sich bei seinen Arbeiten vielleicht von antiken Vorbildern (Triumphbögen und Relieffriese auf Sarkophagen) anregen.
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König Artus, Tierfabeln und Monatsbilder: Die "Porta della Pescheria" am Dom zu Modena
Die "Porta della Pescheria" (sinngemäß Fischmarktportal) auf der Nordseite des Domes zeigt ebenfalls sehr interessante Details. Zwei Löwen, die Tiere in ihren Klauen halten, tragen mit den Säulen den Baldachin. Die Rahmung ist wiederum mit phantasievollen Rankenmotive, in denen sich allerlei Tier- und Fabelwesen befinden, geschmückt. An den Portalinnenseiten werden diesmal die typischen menschlich-bäuerlichen Tätigkeiten im Ablauf eines Jahres dargestellt. Bei diesen Monatsbildern sieht man (wenn nicht gerade wie zum Zeitpunkt der Fotoaufnahme durch die Stützen verdeckt), wie das Feld bestellt, gesät und geerntet und schließlich im Herbst der Wein verarbeitet wird.
Die Artuslegende im Portalbogen
Hochinteressant sind die im Portalbogen dargestellten Ritter, die eine Burg attackieren. Die Namen der agierenden Personen zeigen, dass es sich um eine Episode aus dem Sagenbereich des Königs Artus handelt: die Befreiung der gefangenen Guinevere. Die Geschichte wird in verschiedenen Versionen von den mittelalterlichen Dichtern (z. B. von Chretien de Troyes: Le Chevalier de la Charrette, Ulrich von Zatzikhoven: Lanzelet) erzählt, hier in Modena gibt es nun die in Stein "illustrierte" Variante.
Im Zentrum des Portalbogens einer Burg mit zwei Türmen, |
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befindet sich die Darstellung die von Rittern angegriffen wird. |
In der Burg lassen sich zwei Figuren identifizieren "Winlogee" und "Mardoc". Die englische Wikipedia-Seite (http://en.wikipedia.org/wiki/Modena_Cathedral) liefert dazu folgende Informationen: Winlogee ist König Artus' Gemahlin Guinevere (Gwendoloena, Wenlowen), die von Mardoc (Melwas, Meleagant) als Pfand entführt und gefangen gehalten wurde.
Am linken Turm wird die Burg durch den seine Streitaxt schwingenden "Burmaltus" gegen die anrennenden Ritter, König Artus, Isdernus (Yder) und einen Namenlosen, verteidigt. Die drei Ritter haben ihre Lanzen eingelegt und stürmen hoch zu Ross auf die Burg ein.
Auf der anderen Seite "verhandelt" ein Ritter des Namens "Carrado" mit "Galvagin" (Gawein?) während "Che" (Kay) und "Galvariun" (vielleicht Galeshin?) ihre Lanzen abwartend auf die Schulter gelegt haben. Galvagin trägt als einziger einen geschmückten Schild und ist wahrscheinlich mit dem aus vielen Erzählungen bekannten Helden und berühmten Ritter Gawein gleich zu setzen.
Tierfabeln im Türsturz
Der Türsturz zeigt im Zentrum ein Flecht- bzw. Kreuzornament, ganz links jedoch eine Gestalt auf einem Hippokampen (?) reitend und dazu weitere verschiedene Tierszenen. Offensichtlich werden hier Geschichten erzählt! Es handelt es sich um Tierfabeln, wie sie seit der Antike bis heute wegen ihrer moralischen Aussagen beliebt sind. Der listige Fuchs und der gierige Wolf kommen oft in ihnen vor. Indem man die Tiere reden und handeln lässt, wird so den Menschen ein Spiegel vorgehalten.
Zwei Tierfabeln:
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Zwei Portale an der Südseite des Domes
Die Südseite der Kathedrale ist als Schauseite zur Piazza Grande ausgebildet, gleich zwei bemerkenswerte Portale öffnen sich hier zum Platz.
Die Porta dei Principi
Westlich (also links) befindet sich die Porta dei Principi mit Darstellungen aus dem Leben des Hl. Geminiano im Türsturz. Der heiliggesprochene Bischof ist der Schutzpatron von Kathedrale und Stadt.
Geminianus soll der Legende nach Modena vor den Hunnen gerettet haben, indem er einen dichten Nebel aufkommen ließ, so dass die Hunnen die Stadt nicht finden konnten. (Das klingt für jemanden, der die Poebene im Herbst kennt, durchaus nicht unwahrscheinlich.)
Details am Portal
<-- Dornauszieher? |
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Geminianus treibt den Teufel aus
Max Georg Zimmermann schreibt:
Die "Porta Regia" am Dom zu Modena
Das Hauptportal der Südseite und außerordentlich prachtvoll mit ausladendem Baldachin, dessen vordere Säulen auf den Rücken gewaltiger Löwen ruhen, ist jedoch die "Porta Regia". Es ist ein wahrhaft "königliches Portal" zu dem vier Stufen an den liegenden Löwen hinauf führen. Dabei ist denkbar, dass an diesem Königsportal offizielle Staatsakte, Gerichtsverhandlungen o. a. stattfand. Tief öffnet sich das Portal, in dessen Gewände reichverzierte Säulen eingestellt sind. Die ganz große Besonderheit stellen jedoch die beiden Knotensäulen dar, die den Baldachin mittragen. Dabei handelt es sich eigentlich um Säulenbündel, bestehend aus je vier Einzelsäulen, die kunstvoll mit Kreuzknoten verbunden sind. Viel ist über die Bedeutung solcher Knoten gerätselt und geschrieben worden, meist spricht man ihnen apotropäische (Unheil abwehrende) Bedeutung zu. Bewunderswert bleibt jedenfalls die hohe Kunst der Steinmetze.
Löwendarstellungen an mittelalterlichen Kirchen können vielschichtige Aspekte aufweisen: Im positiven Sinn ist der Löwe das königliche Tier, ein Symbol der Sonne und des auferstandenen und siegreichen Christus. Im negativen Sinn ist der Löwe der Teufel, der sein Opfer zwischen den Pranken hält und verschlingt (und dennoch der Kirche dienen muss, indem er die Säulen trägt). Hier am Südportal der Porta Regia sind beide Aspekte vorhanden: die Portallöwen haben ihre Beute fest in den Klauen, doch hoch über ihnen auf der Spitze des Portikus thront der siegreiche Christus, dargestellt als Löwe mit Kreuzstab.
Nicht nur die Knoten in den Säulen (-bündeln) sollen Unheil abwehren, dazu dienen auch die häufig an Kirchenportalen anzutreffenden Ungeheuer: Hier sind es u. a. Basilisken - furchtbare Untiere, deren Hinterteil in einen Schlangenleib ausläuft -, Ihr giftiger Atem und Blick soll töten können... Doch die Anbringung ihrer steinernen Abbilder erschreckt nun die Dämonen selbst: Hält man ihnen nämlich ihr eigenes Bild vor, dann werden sie in Angst versetzt und fliehen...
Übrigens: Ein Portal mit Knotensäule gibt es auch in Sachsen-Anhalt, an der ->Neumarktkirche in Merseburg!
Übrigens: Ein Portal mit Knotensäule gibt es auch in Sachsen-Anhalt, an der ->Neumarktkirche in Merseburg!
Modena - Teil 2: Figuren, Reliefs und Kapitelle im Innern des Domes