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Romanische Portale und Kapitelle in Sachsen-Anhalt
Die ehemalige Klosterkirche St. Sixtus auf der Konradsburg - Säulen und Kapitelle

Klosterkirche Konradsburg
Wer auf dem Weg zur Konradsburg (bei Ermsleben, Sachsen-Anhalt) eine zinnenbewehrte und mit Türmen versehene Burg erwartet, wird enttäuscht werden, denn die edlen Herren Ritter verließen ihre Burg schon Anfang des 12. Jahrhunderts wieder, bauten sich auf einem Bergsporn im Selketal eine neue und nannten sich ab 1142 Herren von Falkenstein.
(nebenbei bemerkt: Die Burg Falkenstein im Harz ist eine der schönsten Burgen! - hb)
In die Konradsburg zogen wahrscheinlich zunächst Augustinerchorherren, danach Benediktinermönche. Sie gründeten ein Kloster und bauten die kleine Burgkapelle zu einer stattlichen Kirche um. Doch mit dem Kloster ging es nach anfänglicher Blüte wirtschaftlich bald abwärts, die Einnahmen flossen nur spärlich und die Mönche verließen im 15. Jahrhundert den Berggipfel. Einen zweiten Versuch, das Kloster wieder mit Leben zu füllen, starteten nach 1477 Erfurter Karthäusermöche. Auch ihnen war nur eine kurze Zeit vergönnt, im Bauernkrieg wurde das Kloster niedergebrannt und die letzten Karthäusermönche flüchteten 1526 nach Magdeburg.
Rekonstruktion Kloster Konradsburg

Kapitell,
nach Puttrich (1)
Erzbischof Albrecht übergab danach die Konradsburg seinem Kanzler Christoph Türk zur Nutzung. Der ließ ein Herrenhaus und Wirtschaftsgebäude bauen, wobei die Klostergebäude bzw. deren Reste wohl zum Teil beseitigt wurden. Auch die Kirche wurde abgerissen, nur der Chor blieb erhalten und wurde zu einer Kapelle (für den privaten Gottesdienst) umgebaut. Seit dem 18. Jahrhundert wurde die Konradsburg landwirtschaftlich genutzt. Diese Nutzung hat dem baulichen Bestand sehr zugesetzt. Erst ab 1982 konnte dank bürgerlichem Engagement dem weiteren Verfall entgegen gewirkt werden, 1990 gründete sich der Förderkreis Konradsburg e. V. und seit 1996 kümmert sich auch das Land Sachsen-Anhalt (Stiftung Dome und Schlösser) um die Restaurierung und Erschließung der Anlage. Inzwischen ist einiges vorangekommen und - soviel sei verraten - wenn der Besucher hier auch keine zinnenbewehrte Burg vorfindet - die Krypta der Konradsburg ist ein echtes Kleinod auf der Straße der Romanik!

Klosterkirche Konradsburg
nach Puttrich (1)
Tatsächlich sind von der ursprünglich dreischiffigen romanischen Basilika des Klosters lediglich ein kleines Stückchen der Querhausnordwand, der abgetrennte Chorbereich mit den Apsiden und darunter eben die Krypta erhalten. Trotz der geringen baulichen Reste des Klosters sind gerade sie ein eindrucksvolles Zeugnis romanischer Baukunst des 12. Jahrhunderts.
Lassen wir hier am besten Wilhelm Puttrich zu Wort kommen, der in seinem Standardwerk zur Baukunst des Mittelalters (1) die überkommenen Baulichkeiten wie folgt beschreibt:
Lassen wir hier am besten Wilhelm Puttrich zu Wort kommen, der in seinem Standardwerk zur Baukunst des Mittelalters (1) die überkommenen Baulichkeiten wie folgt beschreibt:

Klosterkirche Konradsburg
"Das Äußere der Kirche ist einfach. Die Ostseite zeigt eine giebelförmige glatte Mauer, an welcher die drei Nischen als Ausbaue erscheinen. Die Mittel-Nische ist die größte, sie hat drei weite Fenster nach der Oberkirche, und unten drei kleine, welche die Krypta erleuchten. Die beiden Seitennischen haben jede nur ein oberes und ein unteres Fenster, alle drei Nischen sind mit horizontalen und vertikalen Gesimsen (Lisenen) umfasst und abgeteilt. Die Bildung der vertikal niederlaufenden Lisenen ist von vorzüglicher Schönheit und ganz im reinsten Geist der Antike ausgeführt; sie bestehen aus einem flachen Bande, welchem sich zu beiden Seiten Wellen von höchst zart geschwungenem Profile anschließen. Der Giebel, der sich über den Nischen erhebt, ist unvollendet. Ein neu aufsetzendes Dachwerk beeinträchtigt wesentlich den Eindruck des Äußeren. Die und ebenso die geringen Dimensionen des unvollendeten, versteckten Gebäudes lassen den Vorübergehenden nicht erwarten, dass hier einer der edelsten und anmutsreichsten Punkte der deutschen Kunstgeschichte, einer der schönsten Überreste der deutschen Kunst verborgen ist. (...)"
"Das Innere der Oberkirche oder des Chorbaues zeigt ebenfalls eine edle und würdige Einfachheit. Das Mittelschiff liegt um einen Fuß tiefer als die Seitenflügel des Chorbaues und bildet ein regelmäßiges Viereck. Es war überwölbt, oder wenigstens zum Überwölben eingerichtet ..., jetzt ist eine flache Decke aufgelegt, welche im Jahr 1829 aber teilweise fehlte. Die Höhe des Mittelschiffes (21 Fuß...) steht mit der Breite desselben (22 1/2 Fuß) in einem angenehmen Verhältnis und gibt dem Ganzen, welches durch die weiten Fenster viel Licht erhält, ein freundliches und großartiges Ansehen. (...)" (1)
In der Oberkirche kann man sich an einem Rekonstruktionsmodell informieren, wie das Kloster vielleicht ausgesehen haben könnte.

Krypta, Nach Puttrich (1)

Kapitell,
nach Puttrich (1)
Doch das Schmuckstück ist natürlich die Krypta, denn sie bietet ein ungewöhnliches Raumerlebnis: Durch 11 rundbogige Fenster strömt das Tageslicht von drei Seiten herein und erzeugt bei den 10 freistehenden Pfeilern und Säulen im Innern einen wunderbar plastischen Anblick. Auffallend sind in dem kreuzgratgewölbten Raum die vier mittleren Säulen, zwei von ihnen zeigen gedrehte Schäfte, drei der Säulenkapitelle sind aufwändig mit Ranken- und Blattwerk geschmückt, auch menschliche (?) Gesichtszüge sind zu entdecken. Die Kämpferplatten setzen die Schmuckformen der Kapitelle phantasievoll fort. Und selbst die Pfeiler sind durch ihre an den Ecken eingestellten Säulchen plastisch gestaltet.
Noch einmal Puttrich: "Die Unterkirche oder Krypta zeigt einen weit größeren Reichtum sowohl in der Säulen- und Pfeiler-Stellung, als in den Verzierungen der Einzelheiten, und stellt uns ein treffliches Bauwerk des vollendeten Rundbogenstyles dar."

Kapitell,
nach Puttrich (1)

Kapitell
"Steigt man durch den Eingang in sie hinab, und stellt man sich in der Gegend des ersten Fensters rechter Hand hin, so genießt man des schönen Anblickes, der auf Bl-14 dargestellt ist. (...) Bei genauer Betrachtung ergeben sich ... (viele wundervolle, hb) Beobachtungen: (...) Die Verschlingungen des arabeskenartigen Ranken- und Blätterwerkes an den Kapitellen und Deckgesimsen aller vier (Mittel-) Säulen sind so mannigfaltig und sinnig, es herrscht im Ganzen ein solcher künstlerischer Schwung, eine solche Freiheit von der früheren Steifheit des streng-byzantinischen oder romanischen Styles, eine so vollendete technische Ausführung, dass man zur Bewunderung der vollkommen plastischen Durchbildung, welche zugleich den Organismus ihrer Formation mit feinstem Gefühl anschaulich macht, hingerissen wird." (1)
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Quellen und Literatur:
(1) Puttrich, Ludwig / Geyser, Gottlieb Wilhelm / Lepsius, Carl Peter
Denkmale der Baukunst des Mittelalters in Sachsen, Bd. 2.2, Leipzig 1844-1850
urn:nbn:de:bvb:12-bsb10862803-4 , Münchener Digitalisierungszentrum Digitale Bibliothek
Denkmale der Baukunst des Mittelalters in Sachsen, Bd. 2.2, Leipzig 1844-1850
urn:nbn:de:bvb:12-bsb10862803-4 , Münchener Digitalisierungszentrum Digitale Bibliothek
Schmitt, Reinhard: Konradsburg Ermsleben, Hrsg.: Förderkreis Konradsburg e. V., 2. Aufl., Verlag Janos Stekovics, 2005
-------------------Die wechselvolle Geschichte der Konradsburg kann der interessierte Besucher auf der Informationstafel zur Straße der Romanik am Eingang nachlesen. Für ganz Eilige wird der Text hier schon mal vorab dargestellt:
Informationstafel: Klosterkirche St. Sixtus, Konradsburg

Infotafel Konradsburg
um 1120 | Die Edlen von Konradsburg geben die ab dem 10. Jh. |
genutzte Burganlage auf und ziehen auf die neu er- | |
baute Burg Falkenstein. Aus der Zeit der Burg ist | |
eine kleine Saalkirche in ihren Fundamenten nachge- | |
wiesen. Es erfolgt Gründung eines Chorherrenstiftes. | |
1133 | Die Erwähnung eines Abtes Adalbert bezeugt die Um- |
wandlung des Stiftes in ein Benediktinerkloster. | |
um 1200 | Bau der nur rudimentär erhaltenen Klosterkirche. Von |
der großzügig angelegten dreischiffigen und kreuzför- | |
migen Basilika stehen noch das dreischiffige Sanktu- | |
arium, die sich darunter erstreckende fünfschiffige | |
Hallenkrypta und Teile der nördlichen Querschiffswand. | |
Die Hallenkrypta gilt durch den Reichtum an Baudekor | |
als bedeutendes Denkmal spätromanischer Architektur | |
im Harzgebiet. Von den Klostergebäuden haben sich Re- | |
ste des Nord- und Ostflügels des Kreuzganges unter den | |
Wohn- und Wirtschaftsgebäuden des 19. Jh. erhalten. | |
1476/1477 | Nach dem Scheitern der Versuche, die Konradsburger Be- |
nediktiner für die Bursfelder Kongretation zu gewinnen, | |
wird das Kloster dem Kartäuserorden zugesprochen und | |
u. a. mit Mönchen aus Erfurt besetzt. | |
1526 | Die Mönche verlassen das Kloster, nachdem aufständische |
Bauern plündernd die Klosterkirche in Brand gesetzt haben. | |
1536-1566 | Abriss von Querhaus, Langhaus und Westbau mit Türmen. |
Bau der heutigen Westwand und Umbau des Sanktuariums | |
zur Gutskirche. | |
1712 | Konradsburg und Ermsleben fallen an den preußischen |
König. Die Konradsburg wird Domäne. | |
1847/1848 | Beräumung und kleinere Sanierungsarbeiten in der Kirche, |
die zeitweise als Schweinestall und Scheune der Domäne | |
diente. Bis 1864 wird der Großteil der heute erhaltenen | |
Wirtschaftsgebäude neu errichtet. | |
1953 | Die Reste der Klosterkirche werden nach einer Sanierung |
an die katholische Gemeinde Aschersleben zur Nutzung | |
übergeben. | |
ab 1982 | Wie schon 1963-1970 erfolgen erneut Ausgrabungen im |
Areal der Burg und eine intensive Bauforschung. Schritt- | |
weise werden Bauten und Freiflächen der gesamten Klos- | |
teranlage instand gesetzt und es wird ein Museum einge- | |
richtet. |

Kapitell
nach Puttrich (1)
Natürlich gibt es auf der Konradsburg noch mehr zu sehen als Kirche und Krypta, als Beispiele seien nur das Brunnenhaus und der alte Keller genannt. Und wer weiß, vielleicht spukt es sogar nachts manchmal hier? Die Sage vom verschlafenen Mönch auf der Konradsburg könnte darauf zurückzuführen sein.
Der verschlafene Mönch auf der Konradsburg:
Sagenbuch des preußischen Staats, von Johann Georg Theodor Grässe, Glogau, Verlag von Carl Flemming, 1868
(nach Fischer und Stuckart, Burgvesten der Preuß. Monarchie Bd. I. S. 143)
Haben Sie auf den Fotos irgendwo einen Geist entdeckt?

Quedlinburg